U.S.S. Esquiline, Bereitschaftsraum des Captains
Shino zuckte kaum merklich mit den Schultern, als Lexa erwähnte, dass ihre Informationen nicht ganz richtig seien.
„Nun, das sind zumindest die spärlichen Informationen, die ich durch das Flottenkommando über Sie bekommen habe. Was damals genau passierte wissen Sie wohl am besten und ich bin auch nicht hier, um das in Frage zu stellen.“ Machte Shino nun ihrerseits deutlich. Die genauen Umstände zu Lexas Beförderung interessierten Shino nur am Rande, sie mochten lediglich ein weiteres Motiv für ihre gegenwärtige Entscheidung gewesen sein und hatten mit der Japanerin sonst nichts zu tun.
„Respekt muss man sich immer hart erarbeiten.“ Entgegnete sie ihrem Captain und neigte dabei ein wenig den Kopf zur Seite. „Die Frage ist auch nicht, ob man sich Respekt verschaffen kann, sondern wie man es tut. Der Grat zwischen erworbenem und erzwungenem Respekt ist häufig sehr schmal.“ Wie schmal dieser Grat sein konnte wusste sie aus eigener schmerzlicher Erfahrung nur zu gut.
„Ich habe jedenfalls nicht vor nach außen wie Ihr Protegé zu wirken, Captain. Und nach innen schon gar nicht.“
Sie beobachtete, wie Lexa ihren Tisch umrundete und sich anschließend dagegen lehnte. Wieder musterte die Kommandantin ihren Ersten Offizier und Shino wartete ab, was Lexa zu sagen hatte. Schließlich offenbarte sie der Japanerin ihr scheinbar vordergründiges Motiv. Shino hatte immer noch gewisse Zweifel, doch mehr würde sie von der Betazoidin wohl vorerst nicht erfahren. Sie seufzte leise und beließ es erst einmal dabei.
„Ich habe keinerlei Vorstellungen oder Erwartungen gehabt, darum habe ich Sie ja nach dem Grund gefragt.“ Antwortete sie knapp, da dies auch der Wahrheit entsprach. Lexas Argumente überzeugten Shino nicht, aber darauf würde sie hier und jetzt nicht weiter eingehen, dafür kannte sie ihre Kommandantin einfach nicht gut genug.
„Sie wissen, dass ich ebenfalls kein Freund von sogenannter „Cowboydiplomatie“ bin…“ Erwiderte Shino, als Lexa erwähnte eher zu der Sorte Kommandant zu gehören, die sich an die Regeln hält. Shino sah das ganz ähnlich, genauso wie ihr letzter Kommandant. Er hatte sich auch an die Regeln gehalten, die Danteri jedoch nicht. Nun war er tot und die Japanerin wäre es vermutlich auch, wenn sie ihre eigenen Entscheidungen nicht den herrschenden Umständen angepasst hätte, und die waren bei Lichte betrachtet sicherlich nicht über jeden Zweifel erhaben. Das hatte bei ihr zumindest Zweifel geweckt und auch wenn sie hoffte nicht so bald wieder in eine ähnliche Situation zu kommen, musste sie doch stets damit rechnen. Das war ein Punkt, in dem sie von Lexa lernen wollte und musste.
„…ich habe allerdings auch gelernt, dass Kriege ihre eigenen Regeln haben und entweder verinnerlicht man diese oder man stirbt.“ Schloss sie und sah ihre Kommandantin einen Augenblick lang nachdenklich an. Was hätte Lexa wohl in ihrer Situation gemacht? Shino schob diesen Gedanken erst einmal beiseite, sie würde sich noch öfter damit auseinandersetzen müssen, aber nicht jetzt. Sie nahm das PADD von Lexa entgegen und tat erst einmal das, was ihre Kommandantin von ihr erwartete. Shino galt in der Tat als ausgeklügelte Taktikerin und es war nicht zuletzt ihrem analytischen Verstand zu verdanken, dass die Georgetown nicht zu Weltraumschrott pulverisiert wurde, auch wenn das Schiff letztendlich nicht mehr zu retten war.
Shino überflog den Auftrag, prägte sich dabei die wichtigsten Details ein und kam schließlich zu dem Punkt, wo es um die Zusammensetzung der Flotte ging. Sie tippte etwas auf das PADD ein und gab es ihrer Kommandantin zurück.
„Ich nehme einmal an, dass Sie mit der Esquiline als Flaggschiff die Vorhut übernehmen wollen. Für Erkundungs- und Aufklärungsflüge scheint sie gut geeignet zu sein, für ein groß angelegtes Raumgefecht ist sie jedoch zu schwach bewaffnet, sie könnte höchstens unterstützend eingreifen. Wir brauchen daher etwas mit mehr Feuerkraft.“ Sie tippte dabei auf das Profil einer Akira-Klasse.
„Die U.S.S. Ayanami könnte diese Rolle ausfüllen. Sie ist stark bewaffnet, hat eine angemessene Reichweite und verfügt über Jäger- und Bomberstaffeln, die sich ja bereits gegen die Cardassianer als äußerst vorteilhaft erwiesen haben. Ihr zur Seite stellen würde ich…“ diesmal tippte sie auf eine Prometheus-Klasse „…die U.S.S. Aegir. Damit hätten wir schon einmal zwei Kampfschiffe in der Flotte, die über ausreichend Feuerkraft verfügen, um den Verband zu schützen, aber auch, um eigene Operationen durchzuführen.“ Shino hatte bewusst diese beiden Schiffstypen ausgewählt, da sie sehr flexibel einsetzbar waren. Mit diesen Schiffen in der Flotte wäre Lexa in der Lage, auf Bedrohungen angemessen zu reagieren und, sollte es die Lage erlauben, selbst die Initiative zu ergreifen.
„Dann hätten wir hier noch die U.S.S. Galatea…“ Shino deutet dabei auf eine Intrepid-Klasse „...und die U.S.S. Belfast…“ sie zeigte nun auf das letzte Schiff, eine Defiant-Klasse „…beide Schiffe könnten selbständig operieren und als Flottenreserve eingesetzt werden, je nach Lage.“ Schloss Shino ihre Ausführung ab. Für das, was sie vorhatten, würde diese Zusammenstellung vollkommen ausreichen.
„Außerdem…“ ergänzte sie „…würden wir mit dieser Konstellation ein gutes Gleichgewicht zwischen Schlagkraft und Flexibilät bilden. Die Flotte wäre stark genug, um von unseren Feinden und unseren Verbündeten ernst genommen zu werden ohne den Eindruck zu erwecken, ein potentielles Primärziel darstellen zu müssen. Das würde uns größere Handlungsspieleräume eröffnen, da die Breen sicherlich andere Ziele als Schwerpunkt ihrer strategischen Ausrichtung gewählt haben.“
Shinos Absicht war klar: Ihre Flotte würde bei den Breen vorerst „unter dem Radar“ laufen und nicht als hochrangiges Ziel bewertet werden. Und solange das nicht der Fall war, konnte der Verband zahlreiche Operationen durchführen, die auf lange Sicht gesehen einen Beitrag dazu leisten konnten der Sternenflotte einen entscheidenden Vorteil zu verschaffen und damit dem Kriegsverlauf zu ihren Gunsten zu entscheiden.
Während Lexa ihre Eingaben auf dem PADD studierte und über Shinos Vorschlag nachdachte stellte die Japanerin eine weitere, wichtige Frage.
„Wann soll das Treffen mit dem romulanischen Botschafter auf New Eden stattfinden und wer wird noch zugegen sein?“
Von Lexas Antwort hing es nun ab, wieviel Vorbereitungszeit Shino noch hatte und was sie nun als nächstes tun würde.
U.S.S. Esquiline, Büro des CONN-Offiziers
Lieutenant Christina McNally
Christina nahm die Kommandierungsverfügung von Richard entgegen und konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen, als er sicherheitshalber noch einmal nachfragte, ob er nun tatsächlich an die CONN dürfe.
„Nun Mr. Kemp, ich meine mich zu erinnern, dass genau das meine Worte waren.“
Sie konnte es ihm nicht verübeln, schließlich war sie nach der Akademie genauso aufgeregt gewesen und konnte es kaum abwarten ihren ersten Posten zu besetzen. Sie nickte Richard leicht zu und lächelte dabei freundlich.
„Nun, wenn das alles von Ihrer Seite war, dann noch einmal herzlich Willkommen an Bord. Sie dürfen dann wegtreten.“
Es wirkte für Christina schon ein wenig komisch, da sie ja selber erst an Bord gekommen war, aber so waren nun einmal die Gepflogenheiten an Bord eines Schiffes der Sternenflotte.
„Ach eines noch.“ Warf sie noch ein, bevor Richard sich zur Tür begab.
„Achten Sie auf das Protokoll. Der Captain legt großen Wert darauf und wenn ich richtig informiert bin ist unser Erster Offizier genauso drauf, wenn nicht sogar noch schlimmer.“
Mit einem unverholenen Grinsen winkte Christina Richard zum Abschied.
„Dann noch viel Spaß. Ich komme nach, sobald der Papierkram hier erledigt ist.“ Sagte sie und deutete auf einen Haufen PADDS neben sich, dessen Größe vermuten ließ, dass dies nicht so bald der Fall sein würde.